Am Freitag, kurz vor Feierabend, musste ein Mädchen der Fundación zum Arzt. Solche Arztbesuche und die Medikamente könnten sich die Familien nicht leisten, werden also auch von der Fundación getragen, die besondere Absprachen mit Arzt und Apotheke getroffen hat. Das Mädchen, Dayana, sieben Jahre alt, hatte einen merkwürdigen Ausschlag an Stirn und Auge. Der Arzt hat eine bakterielle Infektion festgestellt und einige Medikamente verschrieben. Nebenbei ein paar Fragen gestellt: Dayana hat insgesamt acht Geschwister, sie ist die vierte. Der Vater ist nicht präsent. 6 der Geschwister sind in der Fundación untergebracht.
Nach dem Arztbesuch sind wir zur Apotheke gegangen, um die Medikamente zu holen, danach zurück zur Fundación, wo vier der Geschwister mit der Sozialarbeiterin und vorübergehenden Leiterin gewartet haben. Diese hat dann die recht komplizierte Anleitung zu den vier verschiedenen Medikamenten dem zwölfjährigen Bruder erklaert: Der ist jetzt verantwortlich für seine siebenjährige Schwester. Ws wäre kein Wunder, wenn die Mutter nicht lesen kann.
Samstags-Taller: Am Samstag-Morgen stand ich um acht Uhr auf der Matte. Mit Segundo, dem Verantwortlichen für diesen Taller, bin ich noch ein paar Sachen durchgegangen. Und um halb neun sollten dann eigentlich die Jugendlichen da sein. Es war genau einer da. Die übrigen zehn sind dann in der nächsten Dreiviertelstunde eingetrudelt. Angefangen wurde dann mit einem Ballspiel, dass ich vorbereitet hatte, auch das Erklären hat geklappt. Thema des anschließenden Workshops: Was mache ich gerne? In Zweier-Gruppen sollte erzählt werden, was man gerne mag und macht. Danach sollte der Partner das der Gruppe vorstellen. Alles keine Selbstverständlichkeit. Anschließend gab es dann eine kurze Zwischenmahlzeit und ein Volleyballmatch. Irgendwann ging es weiter im Taller: Jetzt sollte jeder zwei eigene Stärken aufzählen und womit er an sich zufrieden ist. Auch nicht einfach. Zum Abschluss gab es dann noch einen Fragebogen des Psychologen.
Freitags wird immer etwas mehr oder weniger Kulturelles veranstaltet. So ging es vergangen Freitag mit den Kindern zum Río Tomebamba. Dort konnten sie dann spielen und baden. Recht entspannter Nachmittag. Mal sehen, wie die nächsten Freitage werden.
Eine weitere Schwierigkeit bei der Arbeit: Neben einigen Problemkindern, die nicht nur tolle Sachen in ihrem Leben erlebt haben, müssen noch zwei Behinderte integriert werden, denen man natürlich auch nicht immer ganz gerecht werden kann. Besser als auf der Straße herumzustreunen wird es trotzdem für sie sein. Eine gute staatliche Behindertenbetreuung gibt es in Ecuador nicht.
Bei der Hausaufgabenhilfe offenbaren sich auch immer wieder ungeahnte Schwächen einiger Kinder. So musste ich letzte Woche einem Mädchen ganze spanische Sätze buchstabieren, da sie kein einziges Wort richtig geschrieben hat, nicht einmal "yo", das sah bei ihr so aus: "llo". Eindeutige Lese-Rechtschreibschwäche. Und so muss es allen irgendwie recht gemacht werden.
Interessant die Namen einiger Kinder: Wilson, William, Jhon, Israel.. Es soll in Ecuador auch recht viele Kinder geben, die nach aus dem Radio Aufgeschnapptem benannt werden. Zum Beispiel soll es Lenín und sogar Stalin und Hitler als Vornamen geben, ohne dass die Eltern einen Bezug herstellen könnten. Auch der aktuelle Vizepräsident heißt mit Vornamen Lenín.
Gestern war ich mit zwei anderen Deutschen, zwei Lehrerinnen der deutschen Schule in Cuenca, von denen die eine meine Zimmernachbarin ist, in einer kleinen Stadt nördlich Cuencas namens Azogues, bei anderthalb Fußballspielen: In Ecuador finden gerade die Südamerika-U17-Meisterschaften statt. Wir haben Argentinien-Venezuela (1:1) und die erste Hälfte von Kolumbien-Paraguay (2:0) gesehen. Ein netter Ausflug.
Außerdem Museumsbesuche: Museo del Arte Moderno mit einer Südamerikafotoausstellung und Mueso de Las Conceptas mit religiösen Reliquien aus vier Jahrhunderten, beide in ehemaligen Klöstern untergebracht, beeindruckende Räumlichkeiten und überdies lohnenswerte Ausstellungen.
4 Kommentare:
Hallo Nikolai!
Ich finde es unheimlich interessant, was du so schreibst. Es ist sehr gut nachzuvollziehen, dass sich das Leben und Wirken dort doch sehr von unseren Ansprüchen unterscheidet, auch wenn ich an meine Arbeit denke. Die Basisansprüche sind halt ganz andere. Auf jeden Fall habe ich alles sehr gut vor meinem inneren Auge. Fütter uns weiter mit deinen Berichten!!!!
ciao
Christiannnnnnnnnnn
hallo anónimo..
ich werde mich bemuehen, weiter was zu berichten..
Hallo!
Du, ich bin ziemlich geplättet. Dein Bericht ist so unglaublich interessant und deine Arbeit ja auch nicht gerade ein Pappenstiel.
Und es gibt so viele Dinge, die ich mir gar nicht vorstellen kann...
Ich wünsche nebenbei nocheinmal weiterhin viel Spaß und Freude,
Lucaaaaaa
gibts denn was, das du nicht verstehst, was du fragen kannst?
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